Hunger
Schauspiel von Susanne Fritz nach Knut Hamsun
Auftragsstück für das Theater Freiburg
Öffentliche Lesung im Juli 2002 am Theater Freiburg
mit Olaf Creutzburg, Susanne Fritz, Matthias Fuchs, Carmen Plate, Toni Schatz
Ich war vom Hunger betrunken, der Hunger hatte mich berauscht.
Knut Hamsun
Kurzbeschreibung
Der Roman Hunger spielt in der Stadt Kristiania, dem heutigen Oslo, und erzählt die Geschichte vom Abstieg eines Mannes: Er findet keine Anstellung, die Miete ist nicht zu bezahlen, seine schriftstellerischen Pläne scheitern, seine Habe verschwindet im Pfandhaus. Er verliebt sich in eine Frau auf der Straße und gibt ihr den poetisch-klangvollen Namen Ylajali. Als sie sich näherkommen, sie die vielen losen Haare auf seiner Jacke bemerkt, stößt sie ihn erschreckt von sich.
Ein Mann zerbricht, und in seinen Splittern spiegeln sich die Stadt und ihre Menschen. Knut Hamsuns Roman Hunger, erstmals erschienen im Jahr 1897, ist nicht nur eine psychologische Studie, sondern das hellsichtig-makabere Portrait einer Gesellschaft, in der die Menschen scheu und gierig aneinander vorbei leben, jeder käuflich ist und für alles zu bezahlen hat.
Hamsun beweist sich in seinen Romanen als gewandter Sprachkünstler. In seiner Sprache wird aus dem Mangel ein Fest, aus Hunger wird Rausch. Und der in die Gosse gestoßene, namenlose Antiheld lässt plötzlich eine beängstigende Größe erahnen, die Gott nicht mehr anerkennen wird.
Hunger beschreibt die Abgründe materieller Not und sozialer Kälte auf poetische und zugleich beklemmende Weise, stilisiert den Hungernden zum moralischen Sieger – der sich nicht helfen lässt.
In meiner Bearbeitung des Romans werden in knappen Dialogen die flüchtigen Begegnungen einer hektischen Großstadtgesellschaft herausgestellt, in der nur eins zählt: Erfolg auf allen Ebenen. Wo jedoch Verlust, Mangel und Scheitern herrschen, hilft nur die rasche Erfindung des Gegenteils: Wir lügen uns großartig und hoffen, dass die Wahrheit über unsere wirkliche Lage dem anderen verborgen bleibt. It’s better to be a faked somebody than a real nobody.
In den chorisch-lyrischen Passagen kommen die überstürzten Handlungen zum Stillstand und die Zustände verdichten sich. Die Protagonisten, einmal befreit von den Zwängen ihrer jeweiligen Rollen, stimmen hier einsam und gemeinsam ihr Hungerlied an.
Diese Irrfahrt durch die norwegische Hauptstadt wird zu einer ungeheuerlichen Bilderreise des inneren Menschen, in der religiöser Wahn sich mit grotesken Allmachtsphantasien und den Zeichen völliger äußerer Verwahrlosung vermischen: ein grauenvolles Szenario menschlicher Verelendung.
Badische Zeitung
Der Professor
Schauspiel von Susanne Fritz nach Amélie Nothomb
UA 2002 Wallgraben Theater, Freiburg
Mit Heinz Meier, Irma Münch, Burkhard Jahn, Carola Sigg/Monika Kocher
Bühne und Kostüme: Gabi Kinski und Bernd Giesen
Regie: Susanne Fritz
Rechte und Bühnenfassung: Diogenes Verlag
Kurzbeschreibung
Der pensionierte Altsprachenlehrer Emile Hazel und seine Frau Juliette ziehen in ein einsames Haus auf dem Land. Die lang ersehnte, sauer verdiente Idylle scheitert am einzigen Nachbarn weit und breit, dem fettleibigen Herzspezialisten Palamède Bernadin, der das Paar jeden Tag um dieselbe Uhrzeit ungefragt besucht. Die Gründe für sein Erscheinen bleiben den unfreiwilligen, auf vollkommene Höflichkeit bedachten Gastgebern schleierhaft, zumal der wortkarge Gast sich ausschließlich der Worte „Ja“ und „Nein“ bedient. Als Palamède einmal seine unvorstellbar dicke Frau, die „Zyste“, mitbringt, die weder sprechen noch selbstständig essen und trinken kann, liegen die Nerven der humanistischen Schöngeister blank. Der deprimierenden Belagerung muss ein Ende gemacht werden…
Fritz boulevardeske Inszenierung arbeit auch die tragischen Momente dieser ‚Komödie’ – die oft nahe dran ist, den Rahmen der Gattung zu sprengen – packend heraus. Südkurier
Das Missverständnis
von Albert Camus
1999 Studiotheater Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Staatstheater
mit Ute Irrgang, Nadine Klante, Ursula Siebert, Stefan Rihl, Adalbert Suntinger
Bühnenbild: Susanne Fritz und Catrin Brendel
Kostüme: Catrin Brendel
Regie: Susanne Fritz
Kurzbeschreibung
Ein Mann kehrt nach Jahren, in denen er sein Glück im Ausland gefunden hat, zu Besuch in seine alte Heimat zurück. Seine Mutter und seine Schwester erkennen in dem offensichtlich wohlhabenden Fremden, der seine Identität weder verleugnet noch preisgibt, nicht ihren Sohn und Bruder. Sie töten ihn, wie bereits andere Gäste vor ihm, gleich in der ersten Nacht, um ihn zu berauben. Die Entdeckung seiner Identität kommt zu spät. Das Verbrechen ist den beiden Frauen vertrauter als mitfühlende Regungen, ihr Egoismus mächtiger als die Schonung anderen Lebens. Die Hoffnung, ihrem Elend endlich entkommen, siegt über eventuelle moralische Bedenken. Haben nicht auch sie Anspruch auf Glück?
‚Das Missverständnis’ ist gewiss ein düsteres Stück. Es entstand mitten in einem eingeschlossenen, besetzten Land, fern von allem, was ich liebe. Es trägt die Farben des Exils. Ich glaube aber nicht, dass es ein entmutigendes Stück ist. Das Unglück hat nur ein Mittel, sich selber zu überwinden, nämlich, sich durch das Tragische zu verwandeln. „Das Tragische“, sagt Lawrence, „sollte dem Unglück sozusagen einen kräftigen Fußtritt versetzen.“ … Es ist ein Stück der Auflehnung und enthält vielleicht sogar eine Moral: Aufrichtigkeit. Wenn der Mensch erkannt werden will, muss er erschlicht und einfach sagen, wer er ist. Schweigt oder lügt er, so stirbt er allein. Wenn er die Wahrheit sagt, wird er zwar immer noch sterben, aber davor hat er den anderen uns sich selber geholfen, zu leben.
Albert Camus
Kunstvoll inszeniert, eine bemerkenswerte Produktion. Stuttgarter Zeitung
Wir sind noch nicht geboren –
Antonin Artaud
Ein Nachtstück von Ingrid Israel
UA 1998 Stadttheater Freiburg
Mit Ullo von Peinen, Helmut Grieser
Kostüme: Lisa Brzonkalla
Bühne: Susanne Fritz, Hanna Nöthig
Regie: Susanne Fritz
Kurzbeschreibung
Ende der siebziger Jahre sucht der Philosph Sylvère Lotringer den Arzt und Psychotherapeuten Dr. Latrémolière auf, um mit ihm über Artaud zu sprechen. Jener hatte als junger Assistenzarzt in der psychiatrischen Anstalt von Rodez Artaud gegen dessen Willen mit Elektroschocks behandelt. Passagen aus diesem authentischen Gespräch hat Ingrid Israel ausgewählt und als losen Handlungsfaden mit Texten des surrealistischen Dichters, Gesellschaftskritikers und visionären Theatertheoretikers Antonin Artaud verwoben. Die Wucht und Poesie der Dichtersprache stört und zerreißt das Gespräch der erbitterten Diskutanten, die in der Sicht des Genies überraschend einig klingen.
Krankheit ist ein Zustand,
Gesundheit ist nur ein anderer.
Üblerer.
Ich meine feiger und gemeiner.
Kein Kranker, der nicht gewachsen wäre.
Kein Gesunder, der nicht eines Tages verraten hätte,
weil er nie krank werden wollte.
Wie jene Ärzte, unter denen ich litt.
Ich war mein Leben lang krank
und ich bitte nur,
es zu bleiben.
Antonin Artaud
Ein gelungenes und höchst anspruchsvolles Kabinettstück! Badische Zeitung
Das Wort kommt ebenso geschliffen wie Fritz’ Bewegungstheater. Ein kleiner Abend ganz groß. Kulturjoker
The Third Land
Schauspiel von Susanne Fritz
UA 1994 Factory Theatre, Toronto
mit Waneta Stormes, Nigel Shawn Williams in den Hauptrollen,
daneben James O’Reilly, Christine Brubaker
Bühne: Jan Komarek
Lichtdesign: Bonnie Beecher
Choreographie: Laura Taler
Übersetzung und Regie: Ross Manson
Produktion: volcano
Kurzbeschreibung
In einer namenlosen Stadt begegnen sich zwei verlorene Seelen, ein junger Mann und eine junge Frau unterschiedlicher Herkunft. Ein Text über Sehnsucht und Überleben in einem neuen, fremden Land. Über die dunkle Seite der Immigration.
THE JOUNG MAN: For as long as I can remember, I’ve been kissing. And everybody always said, that’s what I did best – kiss – whether I had actually kissed them or not. And it’s not that it wasn’t fun, I have always enjoyed a good kiss since it’s what I do best, like everyone says. But I never had a chance to learn about anything else since there was always some stranger fastened onto my lips. Since my tongue was always tied up with some other tongue. Since I never even got to know the taste of my own spit unmixed. And everybody at home would say “What do you want to learn about anyway? You’ve got it made, for someone who kisses like you, the world is an open door”. But. I close my eyes when I kiss. And if I open them it’s only to check if whomever I’m kissing has their eyes closed or not, or to check if they’re checking. So for a moment, I may see some other eyes swimming vaguely in front of me under half closed lids, but even if I could see them clearly, I could never say how close they are because my eyes are made for distance. But, even to check – to really check, I mean – it’s rare. There’s no reason. Maybe when all the kissing has come to an end, once and for all. Or maybe when you want it all to begin again, but this time make it last forever. Don’t be angry with me if I don’t kiss you. I want to see your eyes. I want just once to see eyes that are open, that aren’t swimming vaguely in front of me, and that aren’t only open to check if mine are. Or to check if I’m checking… (Übersetzung: Ross Manson)
This is dramatic pointillism – sharp details, shorn of context, gradually coming to suggest a big picture. Now Magazine
Never less than brilliant! The Toronto Star
Exquisite work. Beautifully choreographed. The Globe & Mail
Giacomo Joyce
Schauspiel von Susanne Fritz nach dem gleichnamigen Prosatext von James Joyce, erweitert um Passagen aus Ulysses, Die Toten, Verbannte und Briefen des Autors
UA 1997 Théâtre de la Bonne Graine, Paris
mit Xavier Lucas, Marisa Mirenda, Shanta Rao, Marie Rossi, Jean-Claude Vogel
Bühne und Kostüme : Monika Goehrner-Vogt
Regie: Susanne Fritz
Kurzbeschreibung
James Joyce verfasste die unter dem Titel Giacomo Joyce stehenden Prosaskizzen in der Zeit seines Triester Exils (1904-1915), die endgültige Niederschrift wird auf das Jahr 1914 datiert. und geht so unmittelbar dem Entwurf des Romans Ulysses voraus. Joyce ließ Giacomo Joyce nicht zu seinen Lebzeiten veröffentlichen, einerseits wohl aus persönlicher Diskretion, der Text weist einen sehr engen Bezug zu seinem Privatleben auf, anderseits plante er, Motive und Passagen im folgenden Roman zu verwenden und wollte sich nicht wiederholen. Giacomo Joyce ist, von wenigen Gedichten abgesehen, der einzige literarische Text, den der Autor auf dem europäischen Festland ansiedelte.
Anlass der Prosaskizzen war die Liebe zu seiner Schülerin Amalia Popper, der er als Privatlehrer Englischstunden erteilte. Joyce, Mitte Dreißig, erlebte in seinem leidenschaftlichen und unerfüllbaren Begehren den dramatischen Verlust seiner eigenen Jugend. Der titelgebende Name Giacomo ist die italienische Entsprechung von James, aber auch der Vorname des legendären Verführers Giacomo Casanovas. Eine reizvolle wie schmerzhafte Homonymie!
In intensiven Bildern schildert Joyce Begegnungen, formuliert eine unerhörte erotische Faszination ebenso wie Gefühle von Fremdheit und Ekel. Vor dem Ansturm widerstreitender Empfindungen rettet der Autor sich in Ironie und Spöttelei, bemüht mythologische und literarische Zitate. Sein Schmerz aber bleibt, bei aller akrobatischen Kunstfertigkeit, heillos, der poetische Text, der von ihm Zeugnis ablegt, ist ein wenig beachtetes Stück des Ausnahmeautors, das tief zu berühren vermag.
Zur Inszenierung
Für das feine, heute leider geschlossene, Zimmertheater Théâtre de la Bonne Graine unter der Leitung von Francesco Tuzzio habe ich Giacomo Joyce dramaturgisch bearbeitet, um Passagen aus Joyce’ Briefen, aus dem Drama Verbannte, dem Roman Ulysses und der Erzählung Die Toten erweitert und mit fünf Schauspielern aus vier Nationen in französischer, darüber hinaus in italienischer, englischer und deutscher Sprache auf die Bühne gebracht.
Die Inszenierung setzt auf die Musikalität der Joyce’schen Sprache in den individuellen Stimmlagen der Schauspieler, auf ein sinnliches Bühnengeschehen jenseits von Bebilderung und Erklärung des Textes, und eine durchgehend choreographierte Körpersprache. Sprache, Raum und Körper sind eigenständige Wirklichkeiten, die magisch, notwendig ineinander wirken und die – ganz im Joyce’schen Sinne – zu flüchtigen „Epiphanien“ in der Wahrnehmung des Betrachters führen können.
Theater mit Jugendlichen
In den Jahren 1994-98 war ich mit dem Aufbau und der Leitung einer Schülertheatergruppe aus der Mittel- und Oberstufe am Theodor-Heuss-Gymnasium in Freiburg St. Georgen betraut. Eine künstlerisch und menschlich anspruchsvolle, erfreuliche und befriedigende Tätigkeit. Die Fähigkeiten, der Elan und die Aufrichtigkeit der jungen Schauspieler, Musiker, Bühnenausstatter und Techniker beflügelten. Spielen ist eine Notwendigkeit! Und umso packender und reizvoller, wenn die Verwandlungen, die spannenden Geschichten und Dialoge life, leibhaftig und mit allen Sinnen erfahren werden können und nicht allein mit Spielkonsole vor dem Bildschirm. In sehr unterschiedlichen Stücken von Rainer Werner Fassbinder bis Michael Ende konnten die jungen Talente sich ausprobieren, sich selbst wiederfinden und sich – probeweise – auch einmal ganz heftig zum Ausdruck bringen. Mit reifen Ergebnissen und vor einem begeisterten Publikum.
Wir danken hier noch einmal sehr herzlich der Schulleitung, den Lehrern, Eltern und natürlich den vielen Jugendlichen, die sich hier engagiert haben. Nicht zu vergessen: Unsere Arbeit wurde überhaupt erst ermöglicht durch die anhaltende und großzügige Unterstützung durch den Förderverein des Theodor-Heuss-Gymnasiums e. V.
Katzelmacher
von Rainer Werner Fassbinder
mit Maya Bertsch, Claudia Bode, Sarah Krohn, Rebecca Egloff, Heike Klees, Judith Moser, Anne Reichart, Michael Rieber, Raluca Philippi, Carolin Poloczek, Katrin Schaumann, Bibi Schömmel
Die Spielverderber oder Das Erbe der Narren
Commedia Infernale von Michael Ende
Maja Bertsch, Claudia Bode, Julia Fricke, Carolin Kaiser, Stefanie Meier, Roger Nägeli, Silke Gattermann, Raluca Philippi, Carolin Poloczek, Oliver Reimann, Katrin Schaumann, Bibi Schömmel
Die Blinden
von Maurice Maeterlinck
Mit Mathias Filipowski, Kerstin Gaudes, Mikko Huotari, Laura Pielmeier, Annika Poloczek, Saskia Ries, Anne Schirmer, Nikolaus Sigrist, Laura Schmitz-Pfeiffer, Kathrin Weichhold, Stephanie Wilhelm, Teresa Ehret, Silvia Ramirez-Becker
Hase, Hase
Komödie von Coline Serreau
Mit Sonja Keller, Irini Johann, Tamara Kögl, Annette Lehmann, Valeska Rehm, Kathrin Röderer, Birgit Neuhaus, Saskia Schreibmayr, Vassili Vassilenko Barbara Wichmann, Stefanie Wilhelm
Bei unseren Produktionen assistierten, soufflierten, musizierten, regelten, malten und halfen:
Jan Eberhardt, Florian Krause, Raluca Philippi, Anne Reichart, Philipp Saße, Jan Schaeffer, Johannes Zotz und viele andere.